Die beste App ist keine App [LHW Kommentar]

Kürzlich beschrieb Autor und Designer Golden Krishner in einem Gastbeitrag auf theverge.com sehr eindrucksvoll, wie die blinde Euphorie für neue Technologien sinnvolle Konzepte vergessen lässt. Stattdessen wird die technische Machbarkeit zur Maxime für neue Lösungen – ganz gleich ob man das Problem verstanden hat oder ob der Lösungsansatz relevant ist.

Hauptsache: Es gibt eine App

Hauptsache es gibt eine App für das Problem. Krishner illustriert das Problem der fehlgeleiteten Begeisterung für neue Technologien am Beispiel des Problems „Wie gelange ich in mein abgesperrtes Auto?“. Namhafte Autohersteller bieten für ihre neuen Automodelle Apps an, die neben der Lokalisierung des Fahrzeuges und einigen Extrafunktionen eben auch das Fahrzeug aufsperren können. Dieser Prozess ist jedoch recht kompliziert: Vom Entsperren des Smartphones, über die Suche nach der entsprechenden App, die Navigation innerhalb der App (usw.) bis das Auto endlich auf ist vergehen ganze 13 Schritte, d.h. Interkationen mit dem Smartphone und dem Fahrzeug.

Vor weit mehr als 10 Jahren (und damit vor der Ära der App) gab es bereits eine Technologie, die sich mit dem Namen „Keyless Go“ gut zusammenfassen lässt. Eine spezielle Sensorik im Auto erkennt die Nähe des Autoschlüssels. Sobald sich der Fahrer dem Fahrzeug nähert, öffnet sich das Auto:

„If we eliminate the graphical user interface, we’re left with only two steps:

A driver approaches her car
She opens her car door

Anything beyond these two steps should be frowned upon“.

(Link zum Artikel: „The best interface is no interface: why we don’t always need An App for That“)

Lernen & Technik: Anderes Feld – gleiches Problem

Mit ähnlichen Problemen kämpft das technologiegestützte Lehren und Lernen: In Zeiten von E-Learning, Flipped Classroom, Paducation, Blended Learning, Microlearning usw. ist es unter Umständen schwierig, den Überblick zu behalten: Welche Trends sind nur alter Wein in neuen Schläuchen? Welche Technologien bieten wirklich Mehrwerte?

Auch hier lohnt es sich, bei konzeptionellen Überlegungen nicht von der Technikseite her zu beginnen, sondern vielmehr bei den Lernzielen anzufangen und sich zunächst über die richtigen Inhalte, Methoden und Sozialformen Gedanken zu machen. Erst dann sollten technische Lösungen im Konzept bedacht werden. So stellt man sicher, dass die Technik da unterstützt, wo sie sinnvoll ist und Mehrwert generiert – und eben nicht nur Anwendung findet, „weil es eine App dafür gibt“. Und genau so funktionieren beispielweise gute Blended Learning Konzepte: Personalisierte, technisch unterstützte Instruktions- und Lernphasen online auf der Lernplattform, kollaborative und performative Sozialformen in den Präsenzphasen.

Posted on 23. April 2015 in Blended Learning, Flipped Classroom, LHW Kommentar, paducation, Technik & Lernen, Technology

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About the Author

Franz Steinberger mag gute Inhalte - und wenn diese auf eine tolle technische Umsetzung treffen, ist er glücklich. Er wirkt bei Lernhandwerk als Konzepter, Didaktiker und Content-Entwickler.
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